Rückblick ins Jahr 2021

Necla Kelek über den Säkularer Islam - Zoom Veranstaltung

10. Mai 2021 - Necla Kelek, Soziologin und mutige Streiterin für ein friedliches Zusammenleben im 21. Jahrhundert

Um 19:00 Uhr sollte der erste Europäische Salonabend Online starten. Also nicht wie gewohnt in der Bibliothek des DAI in Heidelberg, sondern aus dem heimischen Wohnzimmer per Zoom. Jedoch nicht die Technik, sondern ein Missverständnis mit der Referentin Frau Kelek war Grund für einen verspäteten Beginn des Salonabends. Live aus dem DAI mit technischer Unterstützung von Herrn Gillmann, Programmassistenz im DAI, der Gastgeberin Frau Niebusch-Gerich und mir als Moderatorin starteten wir um 19:30 Uhr. Das Warten hatte für die Geduldigsten ein Ende und wurde mit einem spannenden Impulsvortrag der Publizistin Necla Kelek über den politischen Islam belohnt.

Der Islam bedrohe, wie Frau Kelek betonte, eindeutig unsere demokratische Grundordnung, indem er nicht lediglich als Religion, sondern als politischer Akteur einen Anspruch auf die weltlich, also staatliche Ordnung erhebt. Für Frau Kelek muss es eine scharfe Trennlinie zwischen Religion und politischem System geben. Im öffentlichen Raum und insbesondere an den Universitäten muss ein differenzierter Diskurs über den Islam geführt werden. Immer wieder werden jedoch Vorwürfe von Rassimus und Islamophobie laut, die auch Frau Kelek schon gegen ihre eigene Person erleben musste und den Diskurs einschränken. So schafften es politische Gruppen einen nicht-aufgeklärten Islam zu propagieren und sachliche Kritik unmöglich werden zu lassen.

Die insgesamt 33 Teilnehmer diskutierten im Anschluss an Frau Keleks Vortrag die Notwendigkeit eines säkularen Verständnisses der islamischen Religion. Die SPD Politikerin Lale Akgün beispielsweise, wie auch Frau Kelek Mitglied der Initiative Säkularer Islam, verdeutlichte, wie naiv in Deutschland mit dem politischen Islam umgegangen wird. Nicht-Muslime beispielsweise gehen Rassismusvorwürfen gegen die eigene Person aus dem Weg. Die Mehrheit der Muslime enthält sich ebenfalls und überlässt somit den Extremen das Feld.

Für mich war der Abend trotz anfänglicher Verspätung und technischem Neuland ein voller Erfolg. Der Diskurs wird jedoch auch für meinen Geschmack aktuell viel zu ängstlich und undifferenziert geführt. Sich argumentativ zu positionieren und zu diskutieren, hilft Missverständnisse aufzudecken. Im besten Fall kann durch eine offene Rede wirkliche Benachteiligung von Minderheiten verringert werden. Nur wer miteinander spricht, kann die Argumente der anderen Seite verstehen und einen Kompromiss finden. Der politische Islam kann eine Gefahr sein für unsere offene Art miteinander über realgesellschaftliche Probleme zu sprechen. Der erste Online-Salonabend hat mir daher gezeigt, wie wichtig es ist, miteinander ins Gespräch zu kommen und sich offen über Probleme auszutauschen, die alle etwas angehen.

Kommentar von Luise Weidlich

Zeitgeist und Geschichte - Wegmarken im kulturellen Gedächtnis - Entwürfe des Mittelalters, der frühen Neuzeit und der Romantik

07.Juni 2021 -Prof. Bulang von der Universität Heidelberg

Ist Europa in erster Linie durch das Christentum geprägt? Und wie verstrickt ist unsere kulturelle Identität mit religiösen Erzählungen und philosophischen Traditionen? Sollten wir heute in einer "multikulturellen" offenen Gesellschaft überhaupt davon ausgehen ein christlich geprägter Kontinent zu sein?

Der heutige Gast, Professor Bulang, sprach am ersten Heidelberger Salonabend, der wieder im DAI stattfinden konnte über die Abhängigkeit unserer heutigen europäischen Kultur von Antike und Christentum. Er sprach davon, dass ein differenzierterer Blick auf das Christentum und die historische Entwicklung nötig sei. Vielmehr waren religiöse Erzählungen und der Glaube immer auch mit einem weltlichen Herrschaftsanspruch verbunden. So gab es Zeiten zu denen das Christentum für die Stabilität einer Gesellschaftsordnung verantwortlich war und Zeiten zu denen es als Argument für Krieg und Gewalt instrumentalisiert wurde. Die Kreuzzüge, Hexenverfolgung oder die Sündenbock-Logik des Mittelalters waren Beispiele anhand derer Bulang die problematische Verstrickung von Glauben, realer Politik und gesellschaftlichem Zusammenleben verdeutlichte. Bulang sprach hier zusätzlich vom Dichter Novalis, der in seinen Schriften ein beschönigendes Bild vom Christentum verbreitet hatte. Ob dies wirklich der Fall ist, lässt sich in diesem Zusammenhang nicht endgültig klären.

Am Ende des Vortrags blieben meinem Eindruck nach einige Fragen seitens des Publikums offen. Welche politische und kulturelle Relevanz hat das Christentum in der aktuellen Debatte um die Identitäten innerhalb Europas? Und inwiefern war das Christentum überhaupt identitätsstiftend für die europäische Bevölkerung und beeinflusst uns bis heute? Und aus welchen Gründen scheint auch in der aktuellen Debatte immer auch ein sehr emotionaler Aspekt mitzuschwingen, wenn es um Sachen des Glaubens und der Zugehörigkeit geht?

Was bleibt? Der Vortrag veranschaulichte, dass es nicht eine europäische Identität geben kann, weswegen es schwierig wäre kulturelle Identitäten auf das Christentum  zu reduzieren. Verbindet man es jedoch mit Werten der Aufklärung, der Reformation und einem Gesellschaftsbild der Nächstenliebe, wird deutlich, wie christlich wir vielleicht auch heute noch geprägt sind.

Kommentar von Luise Weidlich

Am Schnittpunkt von Biotechnologie und Spiritualität - Was käme nach der digitalen Zukunft?

12.Juli 2021 - Dr. Otto Ulrich, Physikingenieur, Politikberater im Bundeskanzleramt und Diplomat in Brüssel

Der letzte Salonabend vor der Sommerpause fand in der Bibliothek des DAI statt. Dr. Ulrich leitete den Abend mit vielfältigen Gedanken zum Thema digitale Welt ein und erläuterte verschiedenste Auswirkungen auf das soziale Miteinander innerhalb der Gesellschaft. Dabei fokussierte er sich auf den Vergleich mit vergangenen Jahrhunderten und versuchte so deutlich zu machen, welche Auswirkungen und Veränderungen das Leben durch die Erschaffung einer digitalen "zweiten" Welt erfährt. Diese Verdopplung der Welt und die daraus resultierenden Herausforderungen, die in Zukunft auf die Menschen zukommen, ließen eine angeregte Diskussion zwischen Referent und Teilnehmern folgen. Vorwiegend wurden dystopische Argumente einer Überwachungsgesellschaft, wie sie bereits Georg Orwell beschrieb, thematisiert. Gesundheitliche Folgen für Mensch und Umwelt waren ein weiterer Aspekt über den ausführlich gesprochen wurde. Sie alle erinnern an Problematiken, die auch von anderen Denkern, wie Jean Baudrillard in "Kultur der Simulation" oder dem Film "Matrix" thematisiert werden.

So blieb am Ende des Salonabends die Frage nach dem verantwortungsvollen Umgang mit neuen Technologien und der digitalen Zukunft. Dass für viele Menschen untransparent erscheinende Thema muss nicht nur im Hinblick auf rechtliche Maßstäbe betrachtet, sondern auch in der Gesellschaft ausdiskutiert werden. Sonst droht Gefahr die Digitalisierung als eine notwendige Entwicklung zu sehen. Die Möglichkeit einer verantwortungsbewussten und vernünftigen Entscheidungsfindung bezüglich des zukünftigen Umgangs sollte daher nicht vergessen werden. Sie bleibt das Recht einer liberalen demokratischen Gesellschaft, die essentielle Themen nicht den einigen wenigen Spezialisten überlassen sollte.

Kommentar von Luise Weidlich 

Das Machtmonopol des Rechtsstaats und das islamische Scharia Recht - Ein Widerspruch?

20.09.2021 Die Soziologin Necla Kelek analysiert die traditionellen islamischen Argumentationen in ihrer Wirkung auf den religiös toleranten deutschen Rechtsstaat

Salonabend zum Thema Alte Heimat - Neue Heimat mit Danilo Rizzelli

25. Oktober 2021 Salonabend im DAI

Als "Europäer im Gespräch" ist man immer aufs Neue herausgefordert sich Gedanken darüber zu machen, wer wir eigentlich sind: du - ich - er - sie? Wie werden wir zu denen, die wir sind? Welche Kräfte prägen uns, häufig fast unentrinnbar eingezwängt in einen sozialen, räumlichen, zeitlichen Rahmen? - Alles Kategorien der Vergangenheit? - Öffnet sich der Raum, oder ändert er nur sein Gesicht?- Welche kulturellen, welche ideologisch politischen Strömungen kämpfen jeweils um Vorherrschaft?

Wie dem auch sei: Manche machten sich auf den Weg aus der kargen Enge, um andernorts ihr Leben in Würde zu gestalten. Ohne Beziehungen, ohne die Sprache des Landes zu sprechen; in der jüngeren Geschichte Europas waren nicht nur Hartnäckigkeit und Durchstehvermögen gefragt. Daran ließ Danilo Rizzelli keinen Zweifel aufkommen bei unserem letzten Salonabend.

Wie geht man um mit dem Verzicht auf gewohnt Vertrautes? Sicher, allmählich verblassten die Bilder krasser Armut, die nirgendwo ohne Rangordnung auszukommen scheint. Die Härte des neuen Alltags ließ nicht viel Zeit zum Träumen und doch, langsam wird Heimat zum Duft der Orangenhaine, zur Erinnerung an die von Ölbäumen bewachsenen Hänge, die Gespräche mit den Nachbarn an den Festtagen. 

Eines Tages dann erschien die heimatliche Umgebung und ihre Fußballfelder auf den Fernsehschirmen in den Wohnzimmern, den Kneipen und in der Arbeiterbaracke im kalten Norden. Auf die Parabolantennen folgten Durchwahltelefon und die Smartphone-Revolution. Jetzt konnte man wieder ganz unter sich bleiben, wenn man nicht mit den Einheimischen bei der Arbeit zusammen traf. Wie es so mancher Ehefrau türkischer Kollegen erging, die, ohne solche Kontakte mit der Sprache des Landes in dem sie lebt, auskommt und  ihre Kinder erzieht. Sie integriert ihre alte Heimat in die neue. 

Danilo Rizzelli nutzte Europas große Offenheit. Sein hart erkämpfter Lebenserfolg erschöpfte sich nicht im wirtschaftlichen Aufstieg. Seine Frau stammt aus der Pfalz . Die beiden Kinder sind deutsch-italienische Europäer mit allen gesellschaftlichen Optionen.

Anzumerken bleibt: Die mittelständische Gastronomie und Eisherstellung Deutschlands sind voll in italienischer Hand. Eine erstaunlich gelungene "freundliche Übernahme" sozusagen.

Alte Heimat - Neue Heimat. - Ein Blick zurück.

Helga Niebusch-Gerich, 6.November 2021

Europa vor Gericht. Vom Staatenbund zum Bundesstaat

11.11.2021 mit Dr. Jochen Wilhelm: Wie beurteilt er den schwelenden Konflikt zwischen den hohen Gerichten